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13. Mai 2024

Die „KI-Fizierung” der Gesundheitswirtschaft

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»Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind auch für die Gesundheitswirtschaft vielversprechend. Um das Potenzial dabei konkret greifbar auf die Straße zu bringen, gilt es, die Herausforderungen offen anzusprechen und gemeinsam zu lösen.« 

Nils F. Wittig, CEO bei KMS

Die Künstliche Intelligenz wird schon jetzt in einer Reihe mit der Erfindung des Buchdrucks oder der Nutzung von Elektrizität genannt. Sie ist der nächste „Big Bang“ und wird in den kommenden Jahren auch das Gesundheitswesen maßgeblich beeinflussen. Und auch in diesem Artikel hat sie bereits Einzug gehalten und versucht, sich selbst als helfende Hand im Krankenhaus im Stile großer Künstler darzustellen.

In dem folgenden Interview lesen Sie, wie unser CEO Nils F. Wittig die Chancen und Risiken der KI einschätzt, welche Möglichkeiten sie konkret für Gesundheitseinrichtungen bieten kann und warum eine EU-weite Regulierung der KI in seinen Augen unabdingbar ist. Eine gedankliche Reise in die (nahe) Zukunft.
Bild 1: KI inspired by Picasso
KI ist in aller Munde und bringt viele neue Chancen mit sich. Wo siehst Du die größten Herausforderungen?

Die Elektrifizierung war ein Gamechanger für die Entwicklung von Gesellschaften und Industrien. Thomas Edison sagte, „Vision without execution is hallucination“.

Wenn wir die Chancen unseres Zeitalters betrachten, die mit der „KIFizierung” einhergehen, könnte Halluzination – als eine der beschriebenen Fehlfunktionen von KI – tatsächlich die Visionen zerstören, die wir entwickeln.

Vertrauen in die Zuverlässigkeit von Modellen, Vorhersagen und anderen Funktionen, die mit KI arbeiten, sind von entscheidender Bedeutung für die Nutzung von KI-basierten Tools. Daher ist für mich die wichtigste Maxime, genau dieses aufzubauen.

Nur wenn sich unsere Kund:innen sicher sind, dass sie sich auf uns als ihren Partner für KI-Lösungen im Gesundheitswesen verlassen können, wird Stück für Stück eine Offenheit und Freude für die Nutzung KI-basierter Innovationen entstehen.

Siehst Du hier Risiken für die Akzeptanz von KI und falls ja, was bedeutet das für die Entwicklung solcher Lösungen?

Es gilt aus meiner Sicht zwei Pole zusammenzubringen: Auf der einen Seite haben wir die Innovationsfreude, neue Technologien als Mehrwert einzusetzen und in den Routinebetrieb der Gesundheitswirtschaft zu etablieren. Gleichzeitig gibt es auch eine gesunde Skepsis im Hinblick auf die Resultate und Einflüsse sowie die Veränderungen, die mit der KI einhergehen. Vielfach werden diese beiden Sichtweisen als nicht vereinbare Standpunkte gedeutet. Ich bin überzeugt, dass wir unbedingt beide Seiten brauchen und so zu einer besseren Lösung kommen werden, die für eine umso größere Anwendergruppe relevante Mehrwerte liefern wird.

Die CGM hat in Hinblick auf alle Aktivitäten eine gemeinsame Mission. Wie kann hier mit KI ein Beitrag geleistet werden?

Wir haben intensiv überlegt, wie wir auf der Grundlage von KI einen Beitrag zu unserer Mission „Niemand soll leiden oder gar sterben, nur weil einmal irgendwann, irgendwo eine medizinische Information fehlt“ des CGM-Firmengründers Frank Gotthardt leisten können.

Die Chancen der digitalen Transformation sind groß und wir stellen schon heute fest, dass dank neuer eHealth-Lösungen tatsächlich immer mehr Informationen für die Spezialist:innen am Point of Care zugänglich sind. Das ist großartig – aber gleichzeitig entsteht ein Problem: Fachkräfte haben so viele Informationsquellen, dass es immer schwieriger wird, die wirklich relevanten Fakten zu erfassen, um daraus die richtigen Entscheidungen abzuleiten.

Das bezieht sich zum einen auf die Daten, die im Kontext der Patientenbehandlung entstehen, und zum anderen auf das rapide wachsende medizinische Wissen. Beides nun miteinander so zu koppeln, dass wir es ermöglichen, weniger Zeit am Bildschirm zu verbringen und diese Zeit den Patient:innen widmen zu können, wäre sehr wertvoll und gleichzeitig auch sinnstiftender.

Bild 2: Ein Hauch von Gustav Klimt
Ersetzt die KI dann bald den Arzt bzw. die Ärztin im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis?

In meiner Vision für Künstliche Intelligenz kann ich das mit einem klaren NEIN beantworten. Ich glaube, dass wir mit KI-basierten Lösungen Unterstützungsfunktionen übernehmen können, die relevante Informationen geben und es gleichzeitig den Teams in der Versorgung leichter machen, sich auf die Patientenbehandlung zu konzentrieren. Ein ausgesprochen eingängiges Beispiel ist hier die zusätzliche Sicherheit durch Hinweise auf seltene Erkrankungen, die zu einem diagnostischen Gesamtbild passen könnten. Gleichermaßen geht es aber auch um die Möglichkeit, im Behandlungskontext direkt zusätzliche Wissensdatenbanken zur Verfügung zu haben und zeitintensive Routinetätigkeiten zu unterstützen.

Was für Aufgaben könnten das beispielsweise sein?

Wäre es für den Patienten bzw. die Patientin und die Angehörigen wertvoll, einen Patient:innen-Brief als Service zu erhalten, der den Behandlungsverlauf mit einer gut verständlichen Erklärung von Fachbegriffen noch einmal zusammenfasst? Aus meiner Sicht ja. Wenn ich für mich selbst überlege, wie schwierig es manchmal ist, alle Informationen älterer Familienmitglieder zu bekommen, um sie unterstützen zu können, wäre ich hierfür ausgesprochen dankbar. Das Ganze ist dann auch gut mehrsprachig ausleitbar, um sprachliche Kommunikationsbarrieren zu überwinden.

Science, Fiction oder Realität? Wie weit sind wir davon entfernt, solche Funktionen nutzen zu können?

Wir haben hierfür bereits ein stabiles Fundament gebaut. Dabei sind die Fortschritte beeindruckend und ich bin immer wieder begeistert, wie neue Use-Cases gedacht werden. Wir werden in all unseren Lösungswelten im Laufe des Jahres KI-gestützte Funktionen aufbauen, die aufzeigen, wo uns diese Reise hinführen wird. Ich bin ausgesprochen froh und stolz auf unser Team, dass wir uns früh auf den Weg gemacht haben und in den vergangenen Jahren bereits wichtige Erfahrungen sammeln konnten. In vielen Einrichtungen sind diese heute schon im täglichen Routinebetrieb – beispielsweise im Rahmen der KI-basierten Kodierunterstützung mit MetaTEXT.

Foto Nils Wittig
»Die Bürokratie nimmt in Gesundheitseinrichtungen inzwischen einen viel zu großen Teil des Arbeitsalltags ein. Eine KI kann hier viele Prozesse effizienter erledigen und so dem Personal den Rücken für die eigentliche Patientenbehandlung freihalten.« 

Nils F. Wittig, CEO bei KMS

Welche Bedeutung hat die Nutzeroberfläche bei KI-Anwendungen noch?

Die Art der Interaktion zwischen Nutzer:innen und Systemen entwickelt sich schnell weiter. Gerade wenn es um eine Unterstützung von Entscheidungen geht, ist die Darstellung der Informationen von besonderer Bedeutung.

Diese so aufzubauen, dass eine Nachvollziehbarkeit gewährleistet ist, ist essenziell für ein Vertrauen in die Lösungen.

Das stellt auch ganz neue Anforderungen an das User Interface. Hier sind wir ebenfalls aktiv und arbeiten im Rahmen eines Förderprojektes an der Erforschung der technischen Machbarkeit eines dynamischen User Interfaces zur Ergebniskommunikation eines KI-Systems. Ziel dieses Gesamtverbundvorhabens namens „KIICK – KI-basiertes Infektionscockpit” ist es, zu erforschen, wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz die Leistungsfähigkeit der stationären Versorgung in epidemisch auftretenden
Infektionslagen verbessern kann.

In dem Kontext wird auch das Thema Ethik und Regulatorik intensiv diskutiert. Welchen Einfluss hat das für die „KI-Fizierung”, wie Du es eingangs genannt hast?

Mit dem AI Act hat die Europäische Union einen wichtigen Schritt zur Definition der Handlungsoptionen und Grenzen von Künstlicher Intelligenz gemacht. Dies ist aus meiner Sicht insbesondere für Anwender:innen wichtig, die sich so auf gewisse Standards verlassen können. Gleichzeitig erlegen wir uns mit Blick auf unsere Rolle als Europäer:innen, die KI als eine der Kern-Zukunftstechnologien entwickeln und nutzen, selbst ein Regelwerk auf, das weniger Spielräume als in manch anderen Ländern lässt. Daher bin ich überzeugt, dass wir umso mehr auf eine schnelle Realisierung von KI-Lösungen setzen müssen, um hier nicht von außereuropäischen Anbietenden überholt zu werden. Besonders bei Consumer-Lösungen sehen wir heute schon einen Vorsprung bei vielen App-basierten Anbieter:innen gegenüber deutschen oder europäischen Alternativen. In Bezug auf das Gesundheitswesen gilt es, uns das nicht aus der Hand nehmen zu lassen.

Warum hältst Du das für wichtig?

In zehn Jahren werden wir meiner Meinung nach vergleichbare KI-gestützte Werkzeuge nutzen. Die Frage ist, wer diese kontrolliert, weiterentwickelt und welche Implikationen es für uns als Gesellschaft hat, wenn wir langfristig nur noch zahlende Nutzer:innen sind. Hier habe ich auch persönlich im Hinblick auf meine Kinder den klaren Willen, mich für international führende Lösungen aus Europa einzusetzen, die langfristig die Innovationsfähigkeit und somit Arbeitsplätze sichern. Wir investieren hierfür intensiv und es ist beeindruckend zu sehen, welche Potenziale wir dabei Tag für Tag erschließen.

Vielen Dank Nils, für diese interessanten Ein- und Ausblicke.

KI als Künstlerin

Passend zum Thema haben wir die Bilder für das Fokusthema von einer Künstlichen Intelligenz generieren lassen. Die Aufgabe dabei war, eine KI im Krankenhaus im Stile verschiedener Künstler darzustellen. Von unterhaltsam über „zum Kopfschütteln” bis hin zu „wow, gut getroffen” war alles dabei – die besten Ergebnisse sehen Sie nun hier in diesem Artikel. Auch das Headerbild ist von einer KI generiert, die sich dabei an dem Streetart-Künstler Banksy orientiert hat.

Bild 3: Die KI zeigt sich im Stil von Monet – inklusive Unterrock

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